Was braucht man alles um eine Fahrradwerkstatt zu eröffnen?
Eine Frage die wir uns vor einigen Monaten gestellt haben. Eine Frage zu der doch etwas mehr gehört, als gedacht. Eine Frage, auf die wir ohne viele viele Helfer:innen keine Antwort gefunden hätten.
Ich freu‘ mich, vor allem auch, wie sowas hier in Visselhövede funktionieren kann; und zwar teilt man sich die Last auf.
– André Hendrik Lüdemann (Bürgermeister)
Gestellt haben wir uns die Frage, um dem Ziel des fahrradfreundlichen Visselhövedes einen Schritt näher zu kommen. Je mehr funktionierende Fahrräder es in Visselhövede gibt, desto deutlicher werden die Schwachstellen in der Stadt und desto schneller werden sie ernsthaft angegangen. Und aus genau diesem Gedanken, sind die ersten internen Gespräche gestartet. Wünsche, Anforderungen und konkrete Ziele wurden gesammelt.
Keine konventionelle Fahrradwerkstatt sollte es werden, sondern etwas zum selber mit anpacken und lernen. Ein Ort der rundum zum Thema Fahrrad begeistert und möglichst viele Vissler:innen zu Fahrradfahrer:innen konvertiert. Eine Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt.

Genug Platz
Schnell wurde uns klar, dass solch ein großes Projekt die Räumlichkeiten unserer Wohngemeinschaft im Haus der Bildung sprengen würde, wie eine Flasche Kola mit Mentos. Das ganze hat einfach eine andere Dimension als unser Repair Café. Mehr Werkzeug, mehr Termine, große Fahrräder, statt kleine Toaster. Also begannen wir mit der Suche nach dem perfekten Ort für unsere Fahrrad-Mentos-Explosion.


Im Januar gab es ein gemeinsames Gespräch im Rathaus mit ADFC, Präventionsrat, Bürgermeister, Stadtverwaltung und uns. Unter dem großen Thema Fahrrad wurden einige Ideen angesprochen – zum Beispiel Stadtradeln in Visselhövede (hoffentlich nächstes Jahr) und zukünftiger Verleih eines Lastenrades in der Stadt (Antrag zur Förderung wurde vom ADFC gestellt). Auch die Idee unserer Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt wurde erklärt. Und besonders dieses Thema hat direkt Anklang gefunden – auch bei der Stadt.
Das Ziel den Leerstand in Visselhövede zu verringern, ist ja schon ziemlich lange ein Thema und wurde dann einen Monat später auch in unserer Diskussionsrunde zur Innenstadt wieder angesprochen. Da freuen sich wirklich in VIssel, wenn jemand etwas davon füllen möchte. Durch unser Budget von circa 0€, kam jedoch viel vom Leerstand gar nicht erst in Frage. Nur zwei Orte haben wir uns am Ende überhaupt angeschaut. Einer davon ein echter Glückstreffer.


Das Rathaus konnte Kontakt zum Besitzer der ehemaligen Drogerie Witte aufbauen. Genug Räume für Räder, Ersatzteile und Werkstatt. Kleine Kosten durch die noch nicht konkretisierte weitere Nutzung. Zentrale Lage in der Stadt. Es ist nicht ganz sicher, wie langfristig wir an diesem Standort sind, aber für einen ersten Startlauf ist es einfach perfekt. Ein super großes Danke an den Vermieter!
Und als wir dann erstmal die Schlüssel bekommen hatten, ging es richtig los. So viele Menschen, die geholfen haben und denen wir jetzt auch nochmal offiziell danken wollen.
Danke an all die Freiwilligen aus den Kreisen rund um Vissel for future, die geholfen haben, die Räumlichkeiten bestmöglich zu entrümpeln. Darunter zum Beispiel auch Astrid Lamm, die auch aufgepasst hat, dass eben doch nicht zu viel entsorgt wird. Einiges konnte man noch verwenden, auch wenn wir es nicht immer direkt gesehen haben. Astrid hat ein Auge für sowas und einiges an Projekten im Laden umgesetzt.

Sie hat zum Beispiel die komplette Schaufensterflächen für uns gestaltet und auch das Aufklappschild, welches nun Vissler:innen Dienstags in die Werkstatt lockt, neu aufbereitet. Und zwischen all solchen Projekten, dann nicht nur noch ein komplett neues Logo designed, sondern dieses anschließend auch noch mit Hilfe einer ziemlich großen Leiter selbst an alle Ladenschilder gesprüht. Das Auge isst nicht nur mit, es repariert auch mit; und dem Auge gefällt, was du da alles für uns geschaffen hat. Vielen Dank Astrid.

Fahrräder und Werkzeug
Laden war leer. Genug Platz für Fahrräder, Werkzeug und Ersatzteile. Ein super großes Danke dafür geht in Richtung an die Fahrradwerkstatt der Rotenburger Werke und den ADFC. Zwei volle Anhänger von allem mögliche was im Duden mit Fahrrad- anfängt, haben wir als Starthilfe gespendet bekommen. Darunter auch eine Auswahl an Kinderrädern, die alle nur ein wenig Handarbeit benötigen, bevor ich dann hoffentlich schnell unsere Tauschbörse damit starten können.

Es ist eine Ehrensache euch hier so zu unterstützten […] ich bin übrigens auch mit dem Fahrrad da – kein Problem!
– Manfred Petersen (ADFC Rotenburg Wümme)
Auch an Krzysztof Synak direkt geht ein großes Danke. Er hat ebenfalls einiges an Werkzeug beigesteuert und auch mit einer lokalen Gruppe der Rotenburger Werke bei den Vorbereitungen im Laden geholfen. Und auch von einigen anderen Stellen gab es weitere Sachspenden. Vielen Dank – da mussten wir am Ende nur noch ein paar frische Sachen kaufen, um auf die ersten Reparaturen vorbereitet zu sein.

Motivierte Menschen
Ein Teil der Geldspende der Bürgerstiftung Visselhövede für unsere Projekt konnte durch diese zahlreichen Sachspenden für einen ersten Druck an Flyern und Werbung genutzt werden. Wir hoffen dass unser ehrenamtliches Angebot dadurch schnell Anklang unter Visselhöveder:innen findet. Dazu gehören auch unsere neuen Mitbrüger:innen, für die Dimitri Srenin unseren Flyer ins Ukrainische übersetzt hat. Vielen Dank.

Möglichst viele Menschen erreichen und aufs Fahrrad bringen. Dazu gehört auch der Arbeitskreis für Inklusive Mobilität in Visselhövede. Klaus Kistner war dazu auch bei der Eröffnung und hat einen Rollfiets mitgebracht und für Testfahrten zur Verfügung gestellt. „Wir verstehen das ganze auch ein bisschen als Gemeinschaftsprojekt für alles was mit Fahrrad und zwei bis drei, vier Rädern zu tun hat“, hat es Harald Gabriel ausgedrückt.

Hier entsteht jetzt gerade – an diesem doch etwas leeren Marktplatz – ein Kompetenzzentrum für Fahrräder.
– Harald Gabriel
Und zu diesem Zentrum gehört natürlich in erster Linie Vento Zweiräder & Service, die ja nur ein paar Türen weiter ihre Fahrräder verkaufen, reparieren und pflegen. Und wir würden uns natürlich nicht einfach so nah an dem einzigen Fahrradgeschäft der Stadt ansiedeln, wenn es dort irgendeinen Widerspruch geben würde. Im Gegenteil war Ulf Timmann jedoch sogar sehr erfreut über unser Projekt.
So ähnlich sah das bei uns auch aus, als wir in ’95 gestartet haben.
– Ulf Timmann (Vento Zweiräder & Service)
Zu Fahrradhochzeiten im Frühjahr kann man bei Vento schon mal etwas in der Schlange stehen. Und wenn noch mehr Leute auf das Rad umsteigen – was ja das Ziel ist – muss eine Erweiterung stattfinden. Da helfen wir nun aus und übernehmen einige der kleinen Reparaturen. Vento kann sich dann auf schwierigere Fälle und den Verkauf konzentrieren. So gibt es nun einfach mehr für alle Fahrradfahrer. Es wird sich ergänzt und ausgetauscht. So der Gedanke.

Und zu guter Letzt müssen wir uns natürlich noch bei den freiwilligen Helfer:innen von Vissel for future bedanken. Bei den Kuchenbäcker:innen und Kaffeekocher:innen für die Neueröffnung selbst, aber vor allem bei den vier Reparateuren der Werkstatt.
Es ist ein Privileg, die Freizeit, die Energie und die Möglichkeit zu haben eine ehrenamtliche Tätigkeit auszuführen, aber dieses dann wirklich zu nutzen ist auf gar keinen Fall eine Selbstverständlichkeit. Vor allem eine solche Zeitintensive Tätigkeit mit wöchentlichen Öffnungszeiten (jeden Dienstag 14:00-18:00 Uhr), Vor- und Nacharbeiten. Das ist echt einiges an Arbeit. Da fragt man sich warum die das machen.

Warum machen die das?
Henry Buse
Funktioniert das [Mikrofon]? – Ja.
Wir sind im Moment vier Reparateure: Wim, Uli – hat sich irgendwo versteckt -, unser Chef Heinz und meine Wenigkeit. Der ein oder andere fragt sich vielleicht, warum machen die das?
Wir sind alle leidenschaftliche Fahrradfahrer. Und wir haben uns gesagt, es stehen in der Stadt hier zu viel Autos rum, während in den Garagen Fahrräder stehen (die vielleicht keine Luft mehr haben, wo das Licht nicht geht, wo die Schaltung immer überspringt). Und eigentlich könnte man – statt morgens mit dem Auto zum Bäcker fahren – vielleicht das Fahrrad nehmen.
Da treten wir dann in Aktion. Wer dann so ein Fahrrad zuhause hat, das er lieber benutzen anstatt rumstehen lassen möchte, der kann bei uns vorbeikommen und kann mit uns zusammen das Fahrrad reparieren. Wer mehr linke Hände hat als wir, bei dem [helfen wir dann auch mal mehr als weniger]. […]
Und darüber hinaus wollen wir dann auch noch Fahrräder zusammenbauen für Leute, die es nötig haben, zum Beispiel Migranten. Dafür brauchen wir Fahrräder, die wir aufarbeiten können. Wer Fahrräder Zuhause hat und die nicht mehr braucht, der kann uns die gerne zur Verfügung stellen und wir versuchen dann daraus was fahrbares zu machen.
Und wir brauchen natürlich noch ein bisschen Unterstützung. Wer also ein bisschen mit Werkzeug umgehen kann und Lust hat in einer lustigen Runde bei Kaffee und Schnack mal ein bisschen zu Arbeiten, kann sich an uns wenden.
Vielen Dank.
Was braucht man alles um eine Fahrradwerkstatt zu eröffnen?
Stellt sich raus, ziemlich viel. Aber wenn man es gemeinsam angeht und viel viele Menschen helfen, kann es klappen. Komm vorbei, schau dir an was so viele freiwillige Helfer:innen geleitet haben. Wir freuen uns auf euch. Und vielen Dank auch an alle, die schon da waren.
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Weitere Beiträge zum Thema:
- In Visselhövede öffnet eine Fahrrad-Selbsthilfe-Werkstatt – Kreiszeitung; 12.04.2023